GegenwartUndVergangenheit. Li.: Hauptgebäude, FSU Jena. Re.: ursprüngliches Herbargebäude in Weimar

Geschichte

GegenwartUndVergangenheit. Li.: Hauptgebäude, FSU Jena. Re.: ursprüngliches Herbargebäude in Weimar
Foto: K. Victor (Komposition)
  • Eröffnung des Herbariums am 18. Oktober 1896 in Weimar durch Carl Haussknecht (1838–1903)
  • 1903 Errichtung der Stiftung „Herbarium Haussknecht”
  • 1904 bis 1938 Joseph Bornmüller (1862–1948) als Konservator des Herbarium Haussknecht
  • 1923 Anschluss des Herbarium Haussknecht an die Universität Jena, Sitz des Herbariums bleibt in Weimar
  • 1939 bis 1945 Kurt Herbert Walther (1910–2003) als Konservator des Herbarium Haussknecht, durch Einberufung zum Kriegsdienst Führung der Geschäfte bis 1946 durch seine Frau Elly Walther (1912–1993)
  • 1946 bis 1966 Otto Schwarz (1900–1983) als Konservator
  • 1949/50 Überführung des Herbariums von Weimar nach Jena, Unterbringung im Universitäts-Hauptgebäude
  • 1966 bis 1991 Friedrich Karl Meyer (1926–2012) Führung der Geschäfte des Herbarium Haussknecht, Neuordnung der Generalsammlung, Ausbau der zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten
  • 1991 bis 2014 Hans-Joachim Zündorf Geschäftsführer des Herbarium Haussknecht
  • seit 2015 Jörn Hentschel Geschäftsführer des Herbarium Haussknecht

Carl Haussknecht

Porträt Carl Haussknecht, Weimar, 1892

Foto: K. Victor

Am 30. November 1838 wurde Carl Haussknecht in Bennungen westlich Sangerhausen geboren. Erste bedeutendere botanische Funde während seiner Apotheker-Lehrzeit in Artern und Greussen brachten ihn in Verbindung mit dem bekannten Morphologen und Floristen Thilo Irmisch in Sondershausen. 1861 ging Haussknecht als Apothekergehilfe dann in die Schweiz, um die Flora der Alpen kennenzulernen.

Auch hier gelang ihm gleich zu Beginn eine bedeutende botanische Entdeckung, die ein Wendepunkt im Leben Haussknechts werden sollte: Sie brachte ihm die Bekanntschaft mit dem bekannten Orientbotaniker Edmond Boissier ein.

In dessen Auftrag bereiste Haussknecht 1865 bis 1869 sammelnd weite Teile des Vorderen Orients und legte damit schon den Grundstock für ein botanisches Museum. Da seine Eltern mittlerweile nach Weimar übergesiedelt waren, ließ auch er sich nach seinen Orientreisen an dieser kulturträchtigen Stätte nieder. Gänzlich der Botanik verschrieben, entfaltete
Haussknecht von Weimar aus überaus belebende Aktivitäten. 1882 gipfelten sie in der Gründung des Thüringischen Botanischen Vereins – der bis heute als Thüringische Botanische Gesellschaft alle Tücken der Geschichte als eigenständiger Verein überlebte – und 1896 in der Einweihung des Herbargebäudes in Weimar.

Anbindung an die Universität Jena

Nach dem Tode Haussknechts im Jahre 1903 wurde die Stiftung “Herbarium Haussknecht” als Träger der Sammlungen errichtet und der Botaniker Joseph Bornmüller zum ersten Konservator erwählt. Unter ihm erlangte das Herbarium Haussknecht als Zentrum der Orientbotanik Weltruhm. Während der Inflation zu Beginn der 20er Jahre ging das Stiftungskapital verloren; es begann eine wechselvolle und teilweise auch gefahrvolle Geschichte für die Einrichtung. Doch konnte schließlich erreicht werden, dass Bornmüller als Konservator aus Mitteln des Landes Thüringen über die Trägerschaft des Botanischen Instituts der Universität in Jena bezahlt wurde. Damit fand schon 1923 eine Anbindung an die Jenaer Universität statt, die nach dem zweiten Weltkrieg mit dem Umzug der Sammlungen 1949/50 in das Universitäts-Hauptgebäude in Jena gänzlich vollzogen wurde. Das Herbargebäude war längst zu klein geworden. Konservator des Herbarium Haussknecht war zu dieser Zeit Otto Schwarz, der 1948 auf den Lehrstuhl für Spezielle Botanik der Friedrich-Schiller-Universität berufen wurde. Von 1950 bis 1991 lag die Obhut über die Sammlungen des Herbarium Haussknecht in den Händen von Friedrich Karl Meyer.

Als Teil des Institutes für Spezielle Botanik der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Sitz der Thüringischen Botanischen Gesellschaft ist das Herbarium Haussknecht mit seiner Bibliothek und seinen Sammlungen nach wie vor ein Zentrum der botanischen Forschung in Thüringen und darüber hinaus aktiv in die Ausbildung von Biologen, Ernährungswissenschaftlern, Biologie-Lehrern, Geographen etc. eingebunden. Aktuelle Forschungsarbeit und historische Ausstrahlung bilden in den Räumen des Herbariums einen belebenden Nährboden. In den Sammlungen spiegelt sich die menschliche Tätigkeit über rund fünf Jahrhunderte in einer Vielfältigkeit wider, die einem Aussenstehenden zunächst nicht unmittelbar bewusst ist. Es sind nicht nur getrocknete Pflanzenpräparate und Bücher schlechthin, die hier aufbewahrt, betreut und für Interessenten zur Verfügung gestellt werden, sondern Zeitdokumente der botanischen Wissenschaften im weitesten Sinne und der damit verbundenen handwerklichen und künstlerischen Fertigkeiten. Entsprechend vielfältig sind auch die Nutzungsmöglichkeiten der Sammlungen und die jährlichen Anfragen und Anforderungen. Natürlich sind die rund drei Millionen Belege getrockneter Pflanzen, die rund 170.000 bibliographischen Einheiten umfassende Bibliothek und das umfangreiche Archiv hauptsächlich Arbeitsgrundlage für die botanische Forschung. Aber der Bogen spannt sich weiter über wissenschafts- und allgemeinhistorische Aufgabenstellungen, über rein künstlerische Interessen an Illustration, Gestaltung und Schrift bis hin zu handwerklichen Fragen der Präparation, Papierherstellung und Buchbinderei, des Buchdruckes oder der Herbartechnik.

Ein Herbarium ist aber keine rein historisch ausgerichtete museale Einrichtung. Jeder taxonomisch arbeitende Botaniker ist, um sich einen Überblick über eine Pflanzengattung oder -familie und die gesamte vorhandene Merkmalsbreite schaffen zu können, auf Sammlungen in Herbarien angewiesen. Auch floristisch tätige Botaniker, also solche, die den Pflanzenbestand eines bestimmten Gebietes untersuchen und erfassen und damit Grundlagen für zahlreiche naturschutzrelevante Fragestellungen liefern, müssen Sammlungen anlegen und nutzen, um sich eine entsprechende Artenkenntnis zu erarbeiten. Durch die Übergabe solcher Sammlungen an öffentliche Herbarien werden ihre floristisch-pflanzengeographischen Erkenntnisse auf internationaler Ebene nachvollziehbar und überprüfbar. Selbst physiologisch, genetisch oder biochemisch arbeitende Biologen hinterlegen in Einzelfällen ihre Ergebnisse in Form von Präparaten in Herbarien, um über die Publikation hinaus weitere dauerhafte Dokumentation, aber auch eine mögliche Korrigierbarkeit zu erreichen.